Zivilschutz geht uns alle an – ein Interview mit dem Zivilschutzbeauftragten Michael Pichler

Zivilschutz geht uns alle an – ein Interview mit dem Zivilschutzbeauftragten Michael Pichler

Zivilschutz-Michael-Pichler

Die aktuelle Situation ist ernst, die Lage stellt sich nicht gerade vielversprechend dar und so haben wir schon letzte Woche den Krenglbacher Zivilschutzbeauftragten Michael Pichler um ein Interview ersucht. Dieses findet ihr unten. Vorab verlinken wir zu den offiziellen Inhalten des Zivilschutzverbandes.

Zivilschutz OÖDie Links zum Thema Zivilschutz:

 

Das Interview mit Krenglbachs Zivilschutzbeauftragtem Michael Pichler

Gerald: Michael, vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst für unsere Fragen. Zivilschutz ist ja etwas, das man gehört hat, wenn man Elsberg gelesen hat, hat man vielleicht auch darüber nachgedacht, aber so richtig in Berührung mit der Notwendigkeit, ist ja erst selten jemand. Die aktuelle Situation bringt das Thema aber natürlich auf Tableau. Für wen ist Zivilschutz ein Thema?

Michael Pichler: Zivilschutz betrifft jeden Einzelnen. Maßnahmen des Selbstschutzes, Maßnahmen der alltäglichen Gefahrenabwehr, Maßnahmen zum Schutz von Naturkatastrophen und technischen Unglücksfällen – all diese Aktivitäten sind nicht erst seit Marc Elsbergs Roman „Blackout“ präsent; Selbstschutz ist ein wesentlicher Bestandteil des Katastrophenschutzes in (Ober)Österreich.

Neben der Verantwortung der staatlichen Organe (organisierter Katastrophenschutz) tragen auch die Privatpersonen selbst Verantwortung, in dem sie zur Schadensminderung zumutbare Vorsorge- und Abwehrmaßnahmen im Rahmen der Selbst- und Nachbarschaftshilfe treffen. Neben vorsorglicher Gefahrenbeseitigung ist hier auch ein großes Augenmerk auf die Bevorratung gelegt.

Auch sollte die Begleitung besonders schutzbedürftiger Personen stärkere Beachtung finden. Viele dieser Betroffenen, z.B. ältere Menschen und Kleinkinder, haben einen zusätzlichen Schutz- und Betreuungsbedarf, da sie sich nicht selbständig evakuieren können oder in Extremsituationen erhöhten Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind.

Gerald: Was sind denn realistische Szenarien, die uns betreffen können, unabhängig von der Situation, die ich weiter unten noch anspreche?

Michael Pichler: (Ober-)Österreich ist ein modernes und sicheres Land. Die Gefahren und Notsituationen sind einem ständigen Wandel unterworfen. Von den Auswirkungen einer atomaren Katastrophe hin zu den noch unbekannten Dimensionen eines überregionalen, längerfristigen Stromausfalles (Blackout) bis hin zu den zunehmenden Unwettern und anderen Naturkatastrophen und den alltäglichen Gefahren im Haushalt – Selbstschutz und Vorsorgemaßnahmen sind immer notwendig – das fängt bereits bei der Kenntnis der Notrufnummern und der Zivilschutz-Sirenensignale an!

Gerald: Stromausfall, Wasser kommt nicht mehr aus der Leitung, die Kühl- und Gefrierschränke funktionieren nicht mehr. Wie lange muss man rechnen kann es dauern, bis eine öffentliche Grundversorgung wieder hergestellt ist, wenn ein Versorgungsknoten ausfällt, sprich für wie lange sollte man Vorräte zu Hause haben?

Michael Pichler: Wenn einmal der Strom weg ist, dann gehen die meisten davon aus, dass er nach ein paar Stunden wieder da ist. Bei einem Blackout sprechen wir aber von einem Stromausfall über mehrere Tage – ohne mögliche Zeitangabe bzw. Schätzung über ein mögliches Ende wie z.B. bei Naturkatastrophen. Je länger der Stromausfall dauert, desto länger dauert es, bis dass auch die Infrastruktur (Lebensmittelversorgung, Pumpwerke,…) wieder funktioniert.

Vorsorgen für Katastrophenfälle ist notwendig, aber auch sehr einfach – man muss nur drei Bereiche abdecken: ausreichende Lebensmittel, technische Hilfsgeräte und Medikamente/Hygieneartikel.
Jeder Bürger soll mindestens zehn Tage autark leben können, somit das Haus in dieser Zeit nicht verlassen müssen und keine fremde Hilfe benötigen.

Gerald: Ich nehme an, da die Kommunikation eher schwierig wird, wenn großflächig der Strom ausfällt, man braucht ein Netzunabhängiges Radio – mit Batterien. Nun habe ich ein altes noch zu Hause, funktionieren die denn überhaupt noch, da ja der Rundfunk mittlerweile komplett digital ist?

Michael Pichler: Information ist im Katastrophenfall besonders wichtig: Dafür sollte jeder Haushalt über ein Notfallradio verfügen. Der ORF ist verpflichtet, im Krisenfall die Anordnungen der Behörden zu publizieren, der Sendebetrieb kann dank Notstromaggregat für mindestens 72 Stunden aufrechterhalten werden. Das Notfallradio soll strom- und batterieunabhängig sein, Geräte mit einem Dynamo- bzw. Kurbelantrieb ersparen die Batterie-Bevorratung. Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine hat der ORF Teile seiner Radioprogramme auf Kurzwelle erweitert. Via Kurzwelle stehen Sendungen im Anlassfall auch dann zur Verfügung, wenn lokale Mobilfunknetze oder andere mediale Infrastrukturen nicht mehr funktionieren.
Wenn verlässliche Informationsquellen fehlen, dann vertrauen die Bürger immer mehr den sogenannten Fake News – was schwerwiegende Folgen haben kann.

Aus Sicht einer Führungskraft einer Einsatzorganisation rate ich zu kurbelbetriebenen Kombigeräten, die sowohl Radio als auch die Notbeleuchtung integriert haben. Umfragen haben heuer wieder bestätigt, dass die Bürger bei einem Blackout (Stromausfall) zuallererst daran denken, dass sie ohnehin Kerzen zu Hause haben – und dass das völlig ausreicht. Kerzen als Beleuchtung sind jedoch als Vorsorge weder ausreichend, noch geeignet, weil sie die Brandgefahr massiv erhöhen und da auch alle Einsatzorganisationen vom Blackout betroffen sind, werden diese rasch an ihre Grenzen stoßen und nicht mehr die gewohnte Leistung bieten können.

Gerald: Das was niemand will, was wir aber ansprechen müssen – ein Nuklearer Zwischenfall. Nun gibt es für diesen Zweck Jod Tabletten, die aber nur unter 40jährige einnehmen sollen, wenn dies ausdrücklich angeordnet wird, damit sich das Jod in der Schilddrüse ansammelt und diese sättigt, bevor dies die Radionuklide tun können. Wo bekommt man diese Jod-Tabletten?

Michael Pichler: Kaliumjodid-Tabletten bieten – rechtzeitig eingenommen – einen guten Schutz. Das Bevorratungskonzept in Österreich sieht für Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen vor das diese über die jeweilige Einrichtung an die Zielgruppe ausgegeben werden. Hierzu wird – um in Krenglbach zu bleiben – in Schule und Kindergarten diese Einverständniserklärung von den Eltern eingeholt.
Seit 2018 ist bei uns das Projekt Strahlenalarmplan in Schule/Hort und Kindergarten ausgerollt. In Abstimmung mit den jeweils Verantwortlichen haben wir hier weiterführende Informationen für die Eltern generiert, welche z.B.: bei Schul- und Kindergarteneinschreibungsterminen ausgegeben werden.
Um auf die persönliche Bevorratung zu Hause zurückzukommen: Eine vollständige Hausapotheke inklusive verschreibungspflichtiger Medikamente, Verbandskasten und Kaliumjodid-Tabletten gehört zum krisenfesten Haushalt. Die Tabletten können für unter 18-jährige gratis in der Apotheke bezogen werden, für 18 bis 40-jährige können sie käuflich erworben werden.

Gerald: Gibt es sonst noch etwas, dass du den Leuten sagen möchtest zum Thema Zivilschutz?

Michael Pichler: Ein großer und wichtiger Teil vom Selbstschutz ist es auch sich zu informieren; diesbezüglich gibt es kostenlose Broschüren vom OÖ Zivilschutz – Blackout, Strahlenschutz und krisenfester Haushalt sind nur einige wenige der aufgelegten Exemplare.
Eine weitere Informationsquelle ist das Zivilschutz-SMS-Service und der Zivilschutz-Newsletter. Das SMS-Service wurde 2017 im Zuge des Sicherheitstages in Krenglbach gestartet und hat mittlerweile über 400 Teilnehmer bei uns im Ort. Nähere Infos und Anmeldung unter

www.zivilschutz-sms.at

Mit dem Zivilschutz-SMS werden im Notfall Informationen durch die Gemeinde bzw. mich versandt. Anmeldungen werden auch am Gemeindeamt entgegengenommen. Per E-Mail hingegen kommen periodische oder auch anlassbezogene Informationen zu verschiedenen Zivil- und Selbstschutzthemen in Form meines Zivilschutz-Newsletters.

Gerald: Vielen Dank Michael!

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